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St.-Patrokli-Dom

Der St.-Patrokli-Dom in Soest ist eine katholische Kirche von großer architekturgeschichtlicher Bedeutung. Er gilt als Inbegriff der Romanik in Westfalen. Er war die Kirche des Kanonikerstiftes St. Patrokli, das im 10. Jahrhundert entstand und bis zur Aufhebung 1812 bestand. Seit 1823 ist der Dom die Pfarrkirche der dem Bistum Paderborn zugeordneten Pfarrgemeinde St. Patrokli. 1859 wurde er zur Propsteikirche (ecclesia praeposita) erhoben.

 

Aus kirchen- und machtpolitischen Gründen wurde Soest nicht Bischofssitz; es war aber der kirchliche Mittelpunkt der Kölner Erzbischöfe in Westfalen, Nebenresidenz und zweite Hauptstadt Kurkölns. Im Gebiet des späteren Herzogtums Westfalen waren nach der Christianisierung insbesondere Kanonissenstifte vom regionalen Adel gegründet worden. Dazu gehörten die Stifte in Meschede, Geseke und Oedingen. In Soest dagegen stand am Beginn Erzbischof Brun von Köln. Dem Erzbischof Brun waren die Gebeine des Heiligen Patroclus geschenkt worden, als er in diplomatischer Angelegenheit am französischen Hof weilte. Von Troyes aus nahm er die Reliquien mit nach Köln, beließ sie dort nur vier Jahre und brachte sie dann 954 nach Soest. Dort kamen sie am 9. Dezember 962 an und wurden, als die ersten Reliquien der Stadt, von der Bevölkerung und der Geistlichkeit mit Jubel aufgenommen. Darüber gibt der Bericht „De translatione sancti Patrocli martyris“ Auskunft. Aus diesem Bericht und dem Testament des Bischofs geht hervor, dass er beabsichtigte, in Soest ein Stift zu gründen. In seinem Testament hinterließ er dafür im Jahr 965 100 Pfund Silber, liturgische Geräte und Paramente für das Projekt. Ausgeführt wurden die Pläne unter Erzbischof Folcmar. Die ersten Kanoniker stammten wahrscheinlich von St. Andreas in Köln. Dessen Statuten dienten wohl auch als Vorbild für das neue Stift in Soest. Durch die Kölner Erzbischöfe und in geringeren Maße auch durch andere Stifter wurde der Besitz des Stifts vermehrt. Zunächst blieb es allerdings bei einem recht kleinen Kapitel. Vergrößert wurde dieses zur Zeit von Erzbischof Anno II. Dieser stiftete vier weitere Präbenden. Dadurch wurde die Zahl der Kanoniker verdoppelt. Rainald von Dassel hat die Stiftskirche wohl am 8. Juli 1166 geweiht.

 
 

Das Kapitel konnte das Recht der freien Propstwahl behaupten. Allerdings durften die Pröpste seit 1221 nur noch aus dem Kölner Domkapitel stammen. Mit dem Amt des Propstes war seit 1257 auch die Funktion des Kollators der Pfarreien in der Stadt und der Umgebung verbunden. Außerdem war er der Dekan des Landdekanats Soest. Die Pröpste versuchten in der Folge, den Kölner Dompropst aus seiner Stellung als Archidiakon zu verdrängen. Dies gelang schließlich bis zum 15. Jahrhundert. Das Stift bildete einen eigenen Immunitätsbezirk und verfügte über eine Schule zur Heranbildung von Geistlichen.

 

Jahrhundertelang war das Patroklistift das mächtigste und reichste Stift des ganzen Herzogtums Westfalen; zeitweise unterstanden dem Stift bis zu 54 Pfarreien. Die Pröpste des Patroklistifts, die zumindest in den ersten Jahrhunderten weitgehend dem Hochadel entstammten, waren über weite Teile des Mittelalters zugleich Domherren in Köln und jeweils einer der vier Großarchidiakone bzw. bisweilen auch Offizial des Erzbistums Köln. Nur etwa ein- bis zweimal im Jahr hielt sich der Propst des Kollegiat-Stifts St. Patrokli – zur Abhaltung eines geistlichen Gerichts – in Soest auf. Die übrige Zeit ließ er sich vom Dechanten vertreten, dem die Verwaltung des Patroklistiftes oblag.

 

Während der Soester Fehde kam es 1444 zu Konflikten zwischen der Stadt Soest und dem Stift, da letzteres weiterhin zu den Kölner Erzbischöfen hielt. Der Reformation leistete das Stift seit 1531 Widerstand. Nachdem die Kanoniker sich geweigert hatten, zur neuen Lehre überzutreten, verließen sie die Stadt. Ein Teil des Patroklidomes wurde evangelisch.

 

Im Jahr 1548 führte der Dechant Johannes Gropper die katholische Lehre wieder ein. Die Stiftsherren kehrten zurück. Ihnen stand seitdem bis zur Aufhebung 1812 der Ostteil des Domes zu. Letzter Dompropst im alten Sinne war von 1804 bis 1811 Friedrich Clemens von Ledebur-Wicheln, der spätere Bischof von Paderborn.

 
 
 
Grundriss
 

Der Bau imponiert durch seine gewaltigen grünen Sandsteinmassen, vor allem aber durch den von vier Ecktürmchen flankierten, etwa 80 Meter hohen monumentalen Turm („Turm Westfalens“), der von Experten häufig als schönster romanischer Turm Deutschlands bezeichnet wird, und durch den geräumigen anmutigen Vorhallenbau, eine Art Westwerk mit loggienartigem Oberbau. Dieser hatte früher vom heutigen Domplatz aus einen Zugang über zwei Treppen und könnte Hermann Rothert zufolge ein um 1200 noch nicht vorhandenes Rathaus ersetzt haben („Ratslaube“). Erst zu Bischof Heinrichs II. (1217–1234) Zeit beschlossen die Bürger, sich ein eigenes Haus zu schaffen. Der Turm blieb bis 1797 in städtischem Besitz, er diente als städtische Rüstkammer (heute: Dommuseum). Teile des Wehrschatzes in Form von Armbrustbolzen aus der Rüstkammer sind heute im Osthofentor-Museum zu besichtigen.

 

Die Ausmalung der Hauptapsis mit abgewandeltem Christus-Pantokrator-Motiv wurde 1954 vom Maler Peter Hecker gestaltet, nachdem die „älteste und umfangreichste“ Apsisausmalung, die in Westfalen überdauert hatte, im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Zusammen mit den romanischen Fenstern ergab sich zunächst ein Bildprogramm. Im Laufe der Zeit wurden die Malereien überdeckt und schadhafte Teile der Fenster ausgetauscht. Ab 1699 verdeckte ein großer Barockaltar Fenster und (übermalte) Malereien. 1851 entdeckte Wilhelm Lübke das Bildprogramm, das daraufhin „aufgefrischt“ wurde. Der Glasermeister Joseph Osterrath schuf aus 11 der 14 in verschiedenen Fenstern der Kirche noch erhaltenen, aus der Zeit vor 1166 stammenden Originalfelder drei neue Fenster. Gemeinsam mit dem Wurzel-Jesse-Fenster stellen diese Fenster einen einmaligen Bestand an romanischen Glasmalereien dar. Ehedem soll die Kirche, ursprünglich eine dem heiligen Stephanus geweihte Basilika, zwei Türme gehabt haben, welche aber schon bald das Opfer einer Feuersbrunst wurden. Andeutungen dieser Türme sieht man noch jetzt.

 

Der Bau I wurde vor 1000 mit dem dazugehörenden Westwerk vollendet. In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde das Westwerk nach einem Brand umgebaut; der Ritter Walther, Bruder des Erzbischofs Anno II. von Köln, wurde 1075 in der Krypta beigesetzt. Im Zuge einer weiteren Umbauphase (Bau III) errich-tete man die gewölbten Seitenschiffe mit der Andreaskapelle am nördlichen Seitenschiff. Dabei wurden die Querhausarme aufgestockt, das Westwerk umgebaut sowie eine Nebenkrypta und eine Sakristei am südlichen Querhausarm angefügt. Am Südquerhaus entstand ein Kreuzgang. Die Altarweihe nahm am 11. Juli 1118 der Erzbischof Friedrich von Schwarzenburg vor. Die Weihe der Stephanuskapelle fand 1149 statt. In einem weiteren Bauabschnitt (Bau IV) erfolgten die Anlage einer großen Hallenkrypta, der Neubau der Apsis und eines gewölbten Chorjoches. Weiterhin wurden das Marienchörchen, das Paradies und der Ostkreuzgang gebaut. Das Mittelschiff und die Querhausarme erhielten Gewölbe und der gesamte Innenraum eine farbige Fassung. Dieser Bauabschnitt war mit der Ein-weihung durch Erzbischof Rainald von Dassel abgeschlossen. Die Westteile sind vom letzten Viertel des 12. Jahrhunderts bis in das 13. Jahrhundert hinein neu errichtet worden. Das alte Westwerk wurde durch die Entfernung der Zwischenstützen und der Trennwand sowie die Neueinwölbung der letzten eineinhalb Joche optisch ein Teil des Mittelschiffes. Meister Sigefrid von Soest fertigte von 1313 bis 1330 den silber-vergoldeten Patroklusschrein. Die Krypta wurde 1817 gesprengt. Bei einem Luftangriff 1944 wurden die Nordwand des Westwerks und Gewölbe schwer beschädigt. Bei Luftangriffen 1945 wurden die Orgel vernichtet, die Apsis zerstört und Turmhelm und Gewölbe stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Wiederaufbau begann mit der Grundsteinlegung 1949; bis 1954 wurde ein neuer Hochaltar errichtet, die Gewölbe und die Apsis wurden neu ausgemalt. Der südliche Kreuzgang und der östliche und südliche Flügel wurden renoviert. Der Soester Maler Hans Kaiser schuf Fenster für das Westwerk und die Nebenkrypta.

Das 2,12 m hohe Altarkreuz stammt aus der Zeit um 1400 n. Chr. 

Hochchor mit Hauptaltar und Altarkreuz

 

Der Hochchor ist mit farbenprächtigen Wand- und Deckenmalereien verziert. Er wird von einem sehr großen rot gefärbten Doppelkreuz dominiert. Der schlichte Hauptaltar wurde zwischen den Treppen zum Hochchor aufgestellt. Darunter steht der Patroklusschrein von 1871 mit den Gebeinen des Heiligen Patroklus. Das Altarkreuz stammt aus der Zeit um das Jahr 1400. Das Kreuz ist 2,12 m hoch; es ist auf der Vorderseite geschnitzt und auf der Rückseite gemalt. Auf den quadratischen Enden der Kreuzbalken befinden sich vorne bildliche Darstellungen der Evangelisten. Das in rötlichen Farben gehaltene Gemälde des Malers Conrad von Soest auf der Rückseite zeigt den Gekreuzigten.

Prof. Peter Hecker malte in der Zeit von 1949-1950 die Apsis in Anlehnung an die Vorbilder aus der Vorkriegszeit neu aus.

 
 

Marienchor

 

Im Marienchor sind romanische Wandmalereien aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu sehen. Sie wurden wohl zur Weihe durch Rainald von Dassel angebracht. In der Halbkuppel ist die thronende Gottesmutter mit dem Jesuskind dargestellt, seitlich davon die Heiligen drei Könige und die Großeltern Jesu, Anna und Joachim, dargestellt, außerdem der Erzengel Gabriel. Im Hauptfenster war ursprünglich das Wurzel-Jesse-Fenster angebracht. Im 16. Jahrhundert wurden die Wandmalereien mit einer Kalkschlämme übertüncht. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Kalkschlämme entfernt, der Putz ergänzt und die Originalgemälde im Stil des 19. Jahrhunderts übermalt. Im Jahr 1935 wurden diese Übermalungen weitgehend entfernt und die wieder sichtbar werdenden Malereien retuschiert und farblich ergänzt. Ab 1953 wurden kriegsbedingte Schäden beseitigt; im Jahr 2005 wurden die Malereien letztmals restauriert. Drei der Fenster stammen aus dem Jahre 2005. Sie wurden von Hubert Spierling gestaltet.

 
 

Neben den Wandmalereien aus dem späten 12. Jahrhundert, den ältesten ihrer Art in Westfalen, in der Altarmitte die gotische Madonnenstatue aus dem 15. Jahrhundert. Charakteristisch ist die Betonung des in runden, fließenden Mulden herabfallenden, zunehmend dreidimensional wirkenden Gewandes. Die innige Beziehung der Muttergottes zum Jesuskind ist hierbei besonders auffallend.

Krypta des Doms

 

Seitlich des Chorraumes führt eine steinerne Treppe hinunter zur wiederhergestellten Krypta mit den romanischen Säulen. Die Krypta des Domes ist ein sehr intimer Gottesdienstraum. Hier befindet sich auch die Möglichkeit der Ewigen Anbetung, sowie die Feier besonderer Gottesdienste für kleinere Gruppen. Hier gibt es einen Altar und einen Tabernakel. Der Altar hat die Gestalt eines Kubus. Symbolisch berühren sich Himmel und Erde, dargestellt in goldenen Quadraten auf den Flächen.

In der Krypta und Nebenkrypta schuf der Soester Maler Hans Kaiser als abstrakte Glasmalereien die modernen Fenster. Die Fenster geben die Bedeutung der Sakramente in Farben und abstrakten Formen wieder. Sie geben der Krypta eine besonders stimmungsvolle Atmosphäre.

Der Altar hat die Gestalt eines Kubus. Symbolisch berühren sich Himmel und Erde, dargestellt in goldenen Quadraten auf den Flächen.

In der Krypta und Nebenkrypta schuf der Soester Maler Hans Kaiser als abstrakte Glasmalereien die modernen Fenster.

▲ Der kreuztragende Heiland.

An der gegenüberliegenden Seite der Krypta steht dieser Empire-Altar.

 
 

Auf einer Säule zwischen den Rundbogen der Orgelempore an der Westseite ist eine Statue des Patroklus aufgestellt. Er posiert mit Ritterrüstung, Adlerschild des Reiches und gezogenem Schwert als Beschützer des Stiftes und der Stadt.

 

Die schwarz-gold gestaltete, reich geschmückte Kanzel von Johann Sasse aus Attendorn aus dem Jahre 1693, zu der eine hohe, steile Treppe hinaufführt. Im Korb finden sich die Evangelisten, auf dem Baldachin stehen kirchliche Würdenträger, einer mit der Tiara, einer mit Kardinalshut, einer mit Bischofsmütze und einer mit einem Barett.

Der Taufstein, gotisch, achteckig mit Maßwerkfüllung, 93 cm hoch, 93 cm Durchmesser.

Der spätromanische Steinaltar wird flankiert von zierlichen, runden Säulen mit Kapitelen. Kreuzigungsgruppe: Maria, der Gekreuzigte, Johannes.

 
Maria mit Kind. Künstler unbekannt, 1849.
 
 
 
 
 

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