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Evangelische Kirche Witten-Bommern

 
 

Eng mit der Kirche in Wengern verbunden, bekannten sich die Bommeraner Christen ab 1543 zu den Lehren Luthers. Ende des 19. Jahrhunderts kam es zwischen den Bommeranern Protestanten und der Landeskirche zu erheblichen Verstimmungen. Bommern wünschte sich eine eigene Kirche, die Bitte wurde von der Landeskirche jedoch, so wird es überliefert, „schroff“ abgelehnt, woraufhin etwa 200 Bommeraner aus der Kirche austraten. 1890 gab die Landeskirche dem Drängen der Bommeraner nach. Am 21. August 1892 wurde der Grundstein für die ev. Kirche in Bommern gelegt. Die Einweihung war am Buß- und Bettag, 15. November 1893. Auf die traditionelle Ausrichtung des Chores gen Osten wurde verzichtet, da es so möglich war, die Kirche auf einem Hügel zu errichten, weithin sichtbar.

Die Kirche steht auf einem Hang oberhalb Bommerns. Sie ist ein imposantes Gebäude aus Ruhrsandstein, weithin sichtbar und heute ein Wahrzeichen von Bommern. Die im gotischen Stile von der Wittener Firma Lünenbürger & Franzen, nach den Plänen des Kirchenbaumeisters Gerhard August Fischer (*1833 †1906) aus Barmen, erbaute Kirche hat namhafte Schenkungen erfahren. Karl Lohmann (Kirchmeister) schenkte den Bauplatz für Kirche und Pfarrhaus, Frau Witwe Reese stiftete je 3000 Mark für den Bau von Kirche und Pfarre, die Kirchenuhr vom Landwirt Wilhelms, zwei Leuchter von der Familie Niederste-Frielinghaus, das Kruzifix für den Altar vom Pfarrer der Gemeinde, ein Altarbild vom Berliner Maler Adolf Gustav Döring (* 1848 † 1938), gestiftet von der Familie Oberste Frielinghaus. Eine Altarbibel, von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Auguste Victoria (*1858  †1921) mit persönlicher Widmung.

 

Zur Einweihung der Kirche 1893 läuteten erstmalig drei Bronzeglocken aus der Wittener Glockengießerei Munte. 24 Jahre riefen diese Glocken die Gemeinde, dann mussten sie 1917 zur Kriegsproduktion abgegeben werden. Erst 1924 wurden beim Bochumer Verein drei neue Gussstahlglocken bestellt, welche dann am 20. Dezember 1924 geliefert wurden und am 1. Weihnachtstag 1924 die Gemeinde erstmalig wieder zum Gottesdienst riefen.

In einem Brief vom 18. Februar 1892 äußert sich der Architekt Gustav Adolf Fischer aus Barmen zum Neubau und erläutert die besondere Lage des Gebäudes auf einem „hervorragenden Platz“ und die „malerische Wirkung“ in „der schönen Gegend“. Den Ausblick auf Witten und die kurz zuvor errichtete Gedächtniskirche hebt er besonders hervor und rechtfertigt den Verzicht auf die „Ostung“ (Altar weist nach Osten). Wegen des Standorts auf einem leicht abschüssigen Berghang soll der Turm und nicht die Apsis auf der Talseite errichtet werden.

Weitere Informationen auf der ►Homepage der Ev. Kirchengemeinde Bommern

Bilder vor der Renovierung 2013/14 - Kirche noch ohne Anbau

 
 
 
 
 

Bilder aus der Renovierungsphase 2013/14

 
 

---dreieck Die Neustrukturierung des Innenraumes bietet mehr Freiräume für unterschiedliche Gottesdienstformen und andere Veranstaltungen. Die Anzahl der Kirchenbänke ist deutlich reduziert. Es entfallen Bankreihen im vorderen und hinteren Teil des Hauptschiffes sowie in den Seitenschiffen. Der Zugang zum Altarraum wurde breiter. Im freiwerdenden Hauptschiff sind um ein neues Taufbecken als zentrales Element herum variable Stellmöglichkeiten für bis zu 50 Stühle möglich.

 
 

Ornament. Künstler unbekannt, um 1900. Fenster im Quer- und im Seitenschiff, Antikglas/Blei/Schwarzlot 

Bilder nach der Renovierung 2015/17

 
 
 
 

Der neue Anbau

---dreieck Mit Datum vom 7. Februar 2014 hatte die Stadt Witten endlich die heiß ersehnte Baugenehmigung für den Anbau erteilt.  Nur 10 Tage später hatte die Wittener Firma Sachse bereits die Erdarbeiten für die Gründung in Angriff genommen und am 4. März wurden die Fundamente betoniert. Der Rohbau konnte bei normalen Witterungsverhältnissen im April fertig gestellt werden. Geringe Veränderungen gegenüber den ersten Planungen des Anbaus hatten sich in Verschiebungen in der Anordnung der Sanitärräume ergeben. Außerdem erfolgte die Ent- und Belüftung dieser Räume nun auf mechanischer Basis gegenüber natürlicher (Fenster) aus der ursprünglichen Planung.

 
 

Der lichtdurchflutete Anbau: Mit seiner klaren Gestalt und der reduzierten Form- und Materialwahl tritt er in einen spannungsvollen Dialog mit dem historischen Baukörper der Kirche. Der Anbau mit Fassadenpaneelen aus vorpatiniertem Nordic Brown light stellt dem geerdeten, vertikal ausgerichteten Kirchturm einen liegenden, fast schwebenden Baukörper zur Seite. Die klare Formensprache der Paneelfassade zeigt den Wandel, ohne eine harte Zäsur zu bilden. Die lebendige Entwicklung der Kupferfassade harmoniert dabei mit den natürlichen Materialien des Bestands und bildet gleichzeitig die Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart.

 
 

Der Innenraum

 
 
 
 

Christus Pantokrator. Künstler unbekannt, um 1900, Fenster im Altarraum, Antikglas/Blei/Schwarzlot 

 

Ornament. Künstler unbekannt, um 1900, Fenster im Seitenschiff, Antikglas/Blei/Schwarzlot

Kirchenportal

Ornament. Künstler unbekannt, um 1900. Fenster über dem Eingangsportal, Antikglas/Blei/Schwarzlot 

 

Ornament. Künstler unbekannt, um 1900, Fenster über dem Haupteingang.  Antikglas/Blei/Schwarzlot

 

Die Glasmalerei ist aber nicht nur selbst ein Zeugnis der Kunst- und Kulturgeschichte, sondern dokumentiert auch Geschichte, indem sie lokale wie überregionale Begebenheiten oder Persönlichkeiten vor Augen führt. Sie erschließt über ihr Bildprogramm der Nachwelt das Gedankengut der Ahnen, bietet ein historisches Zeitbild, schafft Kontinuität, Identität und Heimatbewusstsein.

Allerdings ist dieses leicht zerbrechliche Kultur- und Geschichtsdokument immer gefährdet. Viele kunstvolle Glasgemäldezyklen gingen im Zweiten Weltkrieg unwiederbringlich verloren. Aber auch heute ist diese Farbenpracht akut bedroht: durch Kommerz und Unverständnis. Daher gilt es einer breiten Öffentlichkeit wieder die Inhalte und Funktion von Glasmalerei sowie die Bereicherung durch sie im Alltag bewusst zu machen. Die Umwelt des Menschen sind nicht nur Klima, Fauna und Flora, sondern sie wird auch von Kunst, Geschichtsbewusstsein und Tradition geprägt.

 
Blick von der Kanzel auf den Altar
 
Der achteckige Kanzelkorb der Ev. Kirche Bommern ist aus Holz angefertigt. Die einzelnen Flächen des Achtecks sind mit Pflanzenmotiven wie Weinreben, Akanthus und Disteln verziert. Besonders aufwendig gestaltet ist die Kanzelhaube mit neogotischen Fenster- und Turmelementen. Die Position der sprechenden Person etwa auf halber Raumhöhe in Verbindung mit dem Schalldeckel über ihr und einer Wand hinter ihr ermöglicht ohne technische Hilfsmittel eine gute Verständlichkeit.

---dreieck Kanzel

Die Stellung der Kanzel im Raum wurde unterschiedlich gehandhabt; akustische Gründe können den Ausschlag gegeben haben, aber auch gegebenenfalls das künstlerische Gesamtkonzept. Die Positionierung der Kanzel der Evangelischen Kirche in Witten-Bommern erfolgte streng nach einem Vorschriften- Katalog des Eisenacher Regulativs von 1861, einem Katalog zur Gestaltung protestantischer Kirchen. Dieses Regulativ wurde auf der Eisenacher Kirchenkonferenz vom 30. Mai bis 5. Juni 1861 unter der Beteiligung und Mitsprache von namhaften Bauräten beschlossen. In 16 Vorschriften wurden in diesem Regulativ in Anlehnung an mittelalterliche Baustile empfohlen, z. B. eine Ostung der Kirche sowie ein kreuzförmiger Grundriss mit ausgeprägtem Langhaus. (Da von vorhandenen Kirchen keine Umgestaltung verlangt wurde, konnte das historisch gewachsene Gesamtbild dieser Kirchen erhalten bleiben). Die Vorschriften des Eisenacher Regulativs blieben noch bis 1908, wirksam. Zur Aufstellung einer Kanzel wird darin folgende Empfehlung gegeben:

 

„Die Kanzel darf weder vor, noch hinter oder über dem Altar, noch überhaupt im Chore stehen. Ihre richtige Stellung ist da, wo Chor und Schiff zusammenstoßen, an einem Pfeiler des Chorbogens nach außen (dem Schiffe zu); in mehrschiffigen großen Kirchen an einem der östlicheren Pfeiler des Mittelschiffs."

 
Der achteckige Kanzelkorb sowie der Schalldeckel sind aus Holz gefertigt.
 

Ein Schalldeckel, auch als Kanzelhimmel, Kanzelhaube oder Kanzeldeckel bezeichnet, dient in Kirchengebäuden dazu, die Worte des Predigers in Richtung der Gläubigen zurückzuwerfen. Der Schalldeckel befindet sich über der Kanzel und sorgt dafür, dass die Predigt in der ganzen Kirche zu vernehmen ist. Mit der Entwicklung der Elektroakustik und dem Einbau von Mikrofonen und Lautsprechern in die Kirchen verloren Schalldeckel ihre Bedeutung.

---dreieck Bei  der Renovierung der Kirche wurden klare Linien und glatte Flächen bevorzugt. Glatte Flächen sind reflektierende Flächen. Das akustische Ergebnis einer solchen Innenraumgestaltung ist meist ein reflexionsreicher Raum, der ein hohes Maß an indirektem Schall liefert und damit die akustische Verständlichkeit einschränkt. Werden die Holzpodeste unter den Kirchenbänken entfernt und durch einen harten Steinboden ersetzt und Bänke durch ein akustisch durchlässiges Gestühl ausgetauscht, wird durch einen weit höheren Anteil an Reflexionen die Hallzeit verlängert, die Verständlichkeit für die Zuhörer erschwert. So wurden schallschluckende Materialien eingesetzt und rutschfeste Polsterauflagen auf den Kirchenbänken angebracht. Sie haben den Vorteil, dass der Raumklang lebendig bleibt, weil die Schallwellen nicht gedämpft werden. Dennoch werden die veränderten Reflexionen vom Ohr nicht mehr als störende Informationen in Konkurrenz zum Direktschall gewertet, was die Verständlichkeit deutlich erhöht. Der kirchenmusikalische Raumklang bleibt dabei erhalten. Ganz nebenbei verbessern die Auflagen den Sitzkomfort und die Optik.

Orgel der Firma Ernst Seifert

 
 
 
 

---dreieck Orgel

 

Die erste Orgel der Kirche wurde gebaut im Jahre 1893 von der Firma Ernst Seifert, Köln. Sie hatte 17 Register und Membranladen, die von einer pneumatischen Traktur angesteuert wurden. Im Jahre 1931 überholte die Firma Walcker, Ludwigsburg, das Instrument, welches dann in den Turm gesetzt und elektrifiziert wurde. Dabei wurde der Spieltisch seitlich aufgestellt. In den 50er Jahren stellte sich heraus, dass dieses Instrument den Anforderungen nicht mehr gerecht wurde. Nach längerer Planungs- und Ansparungszeit konnte schließlich am 12. November 1978 die neue Orgel in den Dienst gestellt werden. Die Firma Schwelmer Orgelbau, Jürgen Dahlbüdding KG, konnte das aus Eichenholz gefertigte Gehäuse weiterhin verwenden, sodass also das jetzige Bild der Orgel dem des Jahres 1893 entspricht. Der neue Spielschrank liegt wieder in der Prospektmitte und wurde dem Gehäuse angepasst, die gesamte Orgel musste etwas aus dem Turm hervorgezogen werden. Das Klangbild des neuen Instrumentes sollte weich und verschmelzungsfähig sein, großer Wert wurde gelegt auf eine vielseitige Verwendung des Instruments. Neben polyphoner Musik sollten auch romantische Werke möglichst stilgerecht interpretiert werden können. Diese Forderungen versuchte man zu erfüllen durch Auswahl der Register, Mensuren und entsprechender Intonation. Das Schwellwerk wurde sehr hoch gelegt und etwas zurückgesetzt und unterstützt wesentlich diese Bemühungen.

Die Orgel gilt als Königin der Instrumente und ist das größte aller Musikinstrumente, das tiefste und höchste, das lauteste und leiseste. Seit 2017 sind Orgelmusik und Orgelbau durch die UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt. Allein in Deutschland gibt es etwa 50.000 Orgeln. Für das Jahr 2021 ist die Orgel von den Landesmusikräten zum "Instrument des Jahres" gekürt worden.

 
 

---dreieck  Taufbecken

Altweiß sind die Wände nun gestrichen, mit Grau und zart-goldenen Streifen abgesetzt. Nur im Mittelschiff stehen noch Bänke, jedoch fast 50 weniger als zuvor. Der Gang ist breiter, die Seitenschiffe sind frei, ebenso wie die Vierung. Hier, auf der großen Fläche zwischen Schiff und Chorraum, liegt jetzt ein dicker, sandfarbener Teppich. In sieben Sprachen ist in einem großen Rund der Taufspruch eingewebt. „Denn siehe, ich bin bei Euch . . .“ In die Mitte dieses Kreises wurde das neue Taufbecken gestellt. Das schwere, massive Prachtstück in der Form eines klassischen Taufsteins funkelt und glänzt, als wäre es auf purem Gold. Ist es aber nicht, sondern aus polierter Bronze, von einem armenischen Künstler geschaffen und von einem Bommeraner gespendet, der ungenannt bleiben will. 

 
 

---dreieck Das Altargemälde wurde von Maler Döring, einem Neffen von Frau Oberste Frielinghaus, deren Familie das Bild auch stiftete, gemalt. Sein Vater war Direktor der Kriegsakademie in Berlin, in deren Vestibül eine große breite Marmortreppe hinaufführte. Dieselbe fiel der Sohn als kleines Kind hinunter, verletzte sich das Rückgrat, blieb Zeit seines Lebens behindert und musste sich auf zwei Krücken fortbewegen. Er fand seinen Beruf in der Malerei, hauptsächlich in der Portraitmalerei. Diese biblische Darstellung ausführen zu dürfen freute ihn nun sehr. Er fuhr dafür extra zu seinem Studium an die See, ließ sich nachts und im Morgengrauen ans Meer fahren, um seine Skizzen zu machen.  Der Bau der Evangelische Kirche war auf 90.000 RM veranschlagt, blieb aber als Unikum unter dem Kostenanschlag. Für Glocken, Altargemälde, Altarbekleidungen, Geräte und dergleichen waren Schenkungen vorgesehen. Einen kleinen Schrecken gab es noch: Als das Altargemälde aus Berlin eintraf, passte es nicht in den größeren Ausschnitt des Altaraufsatzes. Schreinermeister Küch wusste Rat. Er fertigte einen dunkel gebeizten Rahmen an, in den nun das Bild genau passte.

 
 

---dreieck Jesus geht auf dem Wasser

......Und sofort befahl er den Jüngern, in ein Boot einzusteigen und ihm auf die andere Seite des Sees vorauszufahren während er die Menge verabschiedete. Als er die Menge verabschiedet hatte, stieg er auf einen Berg um alleine zu sein und zu beten. Er war noch dort allein, als es schon Abend geworden war. Das Schiff aber war sehr weit vom Ufer entfernt, als es von starkem Wellengang bedrängt wurde. Der Wird wehte ihnen nämlich entgegen. In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging dabei auf dem See. Als seine Jünger ihn auf dem See gehend sahen, durchfuhr sie ein großer Schreck, denn sie dachten, dass er ein Gespenst sei. Und sie schrien vor Angst. Da sagte er zu ihnen: Habt keine Angst, ich bin es. Fürchtet euch nicht länger. Petrus aber antwortete ihm: Herr, wenn du es bist, befehle mir, zu dir auf dem Wasser zu gehen. Da sagte er: Komm! Und Petrus stieg aus dem Schiff aus, ging auf dem Wasser und kam zu Jesus. Als er aber den Wind sah, fürchtete er sich. Und er begann zu sinken und rief: Herr, rette mich! Da streckte Jesus seine Hand aus und ergriff ihn. Er sagte zu ihm: Warum hast du so schwaches Vertrauen, warum zweifelst du? Und als sie in das Boot einstiegen, lies der Sturm nach. Die aber im Boot waren, warfen sich vor ihm nieder und sagten: Du bist tatsächlich Gottes Sohn!......

 

Aus dem MatthäusevangeliumMt 14,22–36

 
 
 

125 Jahre Kirche Bommern

2018: Gemeinde feiert 125 Jahre ev. Kirche in Bommern mit einem Festakt

Am Buß- und Bettag, 15. November 1893, wurde die evangelische Kirche auf dem Rigeiken, einem Hang der Bommerschen Egge, geweiht. Bei einem Festakt anlässlich des 125-jährigen Jubiläums dieses Ereignisses berichtete Prof. Dr. Heinrich Schoppmeyer von einem Festzug der städtischen Honoratioren, dem Presbyterium und der gesamten Gemeinde vom Brinkmann´schen Saal am Denkmal Bommern (Ecke Wengernstraße, ehem. Aldi-Markt), dem provisorischen Gottesdienstsaal der Gemeinde, zur neuen Kirche.

 

Fast auf den Tag genau 125 Jahre später versammelten sich am 18. November 2018 erneut auf Einladung von Pfarrer Michael Göhler und Pfarrer Jürgen Krüger Presbyterium, Gemeinde, Bürgermeisterin Leidemann, die Bommeraner Ratsherren und weitere Gäste zu einem Festakt, um an dieses Jubiläum zu erinnern. Grußworte überbrachten neben Bürgermeisterin Leidemann die Pfarrer der beiden anderen Bommeraner Kirchengemeinden. Für die sogar 4 Jahre ältere Freie evangelische Gemeinde Pfarrer Martin Plücker und für die katholische Kirchengemeinde Herz-Jesu Pfarrer Hans-Otto Schierbaum. In einem Vortrag berichtete der in Bommern lebende und weit über die Stadtgrenze hinaus als Wittener Stadthistoriker bekannte Prof. Schoppmeyer über die wechselvolle Geschichte Bommerns und der ev. Gemeinde vor dem Bau der Kirche. Innerhalb weniger Jahrzehnte war Bommern von einer kleinen Bauernschaft zu einer Bergbau- und Industriegemeinde geworden. Die zahlreichen Zechen sowie die Bahnanbindung hatten die Einwohnerzahl sich vervielfachen lassen. Verwaltungstechnisch gehörte Bommern zum Amt Volmarstein, die evangelische Gemeinde zur Kirche in Wengern. Entsprechend mühsam und weit war der sonntägliche Kirchgang und war zugleich der Frust groß, finanzierte Bommern mit seiner Wirtschaftskraft doch maßgeblich die Kirchengemeinde in Wengern, die seinerzeit noch bis nach Silschede reichte. Dem immer größer werdenden Wunsch nach weltlicher und kirchlicher Unabhängigkeit Bommerns wollten jedoch weder die staatlichen Stellen noch die Kirchenoberen, beide teilweise kongruent, nachgeben. Ein bis nach Berlin getragener jahrelanger Disput entwickelte sich, bis dem Wunsch nach einer eigenen Bommeraner Kirchengemeinde, mit eigenem Pfarrer und Kirche, stattgegeben wurde. Die politischen und kirchenpolitischen Auseinandersetzungen gipfelten in einem konzertierten Kirchenaustritt von rund 200 Bommeraner Gemeindemitgliedern. Erst nach intensiven Verhandlungen hinter den Kulissen auf Vermittlung des Wittener Industriellen und Abgeordneten im Preußischen Landtag, Louis Constanz Berger, wurde dem Bommeraner Ansinnen stattgegeben. Die preußische Landeskirche genehmigte 1890 die Abspaltung von Wengern und bewilligte den Neubau, so dass die ausgetretenen Gemeindemitglieder wieder zurückkehrten. Am 21. August 1892 wurde schließlich der Grundstein für die ev. Kirche in Bommern gelegt. Es entstand ein imposantes Gebäude aus Ruhrsandstein, weithin sichtbar, und heute ein Wahrzeichen von Bommern. Die im gotischen Stile von der Wittener Firma Lünenbürger & Franzen nach den Plänen des Kirchenbaumeisters Gerhard August Fischer aus Barmen erbaute Kirche hat dabei namhafte Schenkungen erfahren. Unter anderem schenkte Bauer Karl Lohmann, damaliger Kirchmeister und mit Bauer Golte treibende Kraft der Abspaltung, den Bauplatz für Kirche und Pfarrhaus und Familie Oberste Frielinghaus stiftete das Altarbild des Berliner Malers Adolf Gustav Döring. Zur Einweihung der Kirche 1893 läuteten erstmalig drei Bronzeglocken aus der Wittener Glockengießerei Munte. 24 Jahre riefen diese Glocken die Gemeinde, dann mussten sie 1917 zur Kriegsproduktion abgegeben werden. Erst 1924 wurden beim Bochumer Verein drei neue Gussstahlglocken bestellt, welche dann am 20. Dezember 1924 geliefert wurden und am 1. Weihnachtstag 1924 die Gemeinde erstmalig wieder zum Gottesdienst riefen.

◄ Die Gemeinde Bommern im Kampf um ihre kirchliche Selbständigkeit!

Ein Presbyterium lehnt es rundweg und beharrlich ab, mit der kirchlichen Gemeinde-vertretung über eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit in eine sachgemäße Verhandlung zu treten und sie durch Mehrheitsbeschluss zur Entscheidung zu bringen. Damit ist dann nach dessen Ansicht die Sache beendet, und daran ist dann trotz aller Beschwerden bei den Kirchenbehörden nichts zu ändern. Das ist ein Fall von solcher Unerhörtheit, dass er nicht totgeschwiegen werden darf. Schon der Ärgernisse und Zerwürfnisse wegen, die er herbeigerufen hat, verdient er, an das Licht gezogen zu werden.

◄ Der Stand der Kirchenangelegenheiten in der Gemeinde Bommern hat wie wir aus bestunterrichteter Quelle erfahren, die Aufmerksamkeit des Kultus Ministers auf sich gelenkt. In Folge dessen dürfen binnen Kurzem Maßnahmen der Königlichen Staatsregierung in Aussicht stehen,  welche geeignet sind,  den gestörten Frieden im Kirchspiel Wengern wiederherzustellen. Es ist zu hoffen, daß beide Parteien die zu erwartenden Schritte mit Vertrauen aufnehmen und in der Zwischenzeit nichts thun werden, wodurch dem Friedenswerke der obersten Behörde irgendwelche Schwierigkeiten entstehen könnten. Die Austrittserklärungen der Eingesessenen der Gemeinde Bommern sind wohl mit 90 Procent unter nachstehender Verpflichtung geschehen:

„Vorab aber geben wir uns gegenseitig die Versicherung, daß wir an dem evangelischen Glaubensbekenntnisse unverbrüchlich festhalten wolle, sowie, daß wenn man unseren gerechten Ansprüchen auf eine bessere Seelsorge seitens der Kirche bezw. deren Behörden willfahrt werden möchte, wir wieder in die bisherige Kirchengemeinde eintreten wolle. 

Der Vorstand der ausgetretenen Gemeindemitglieder.

 Unsere kirchlichen Verhältnisse werden nun bald in der zufriedensten Weise der hiesigen evangelischen Gemeindemitglieder geregelt werden. Seitens des königlichen Konsistoriums in Münster ist nunmehr ein Hülfsgeistlicher in der Person des Herrn Philipps in Holzhausen ernannt worden. Derselbe sollte am 1. Pfingsttage  in dem von den hiesigen Einwohnern zur Abhaltung des Gottesdienstes zur Verfügung gestellten großen Saale des Herrn C.A. Brinkhoff den ersten Gottesdienst abhalten. Der geistliche Herr konnte aber, wie am Samstag eine hier eingelaufene telegraphische Nachricht von Münster uns meldete, erst am Sonntag, dem 5. Juni, hier eintreffen. Den nun am 1. Pfingsttag bereits anberaumten Gottesdienst hielt Herr Lehrer Kühler von hier in dem zu diesem Zweck festlich und in geschmackvoller Weise dekorierten und eingerichteten Brinkhoffschen Saale, in welchem über 500 Personen anwesend waren, mit einer auf die hohe Bedeutung des heiligen Pfingstfestes angepassten ergreifenden Predigt und dem Gesang der Anwesenden ab. Hoffentlich wird nun mit dem heiligen Pfingstfest der Friede und die Einigkeit in der Gemeinde einziehen und die kirchlichen Einrichtungen bald zum endgültigen Abschluss gelangen.

 Bommern: Heute fand durch den Herrn Superintendenten Fernickel aus Hattingen die Einführung des Herrn Pastor Philipps als Hilfsprediger der Kirchengemeinde Wengern hier in dem zum Gottesdienst eingerichteten Brinkhoffschen Saale statt. Der festlich geschmückte Saal war bis auf den letzten Platz besetzt, fast sämtliche Dissidenten* nahmen am Gottesdienste teil.

 Bommern: Wie schon früher mitgeteilt, hatte das Presbyterium in Wengern gegen die Anstellung des bereits Sonntag nach Pfingsten hier eingeführten Pfarrer Philipps Protest erhoben und zugleich den Beschluss gefasst, nach welchem demselben jegliche Amtshandlung verboten würde. Die Eingesessenen von Bommern wandten sich nun an die Königliche Regierung in Arnsberg. Dieselbe entschied dann auch zugunsten der Gemeinde Bommern und gestattete dem neuen Pfarrer sämtliche Amtshandlungen, Taufen, Begräbnisse etc.. Über das Entgegenkommen der Königlichen Regierung ist man hier sehr erfreut und werden die wegen des hier schon solange geherrschten Kirchenstreites aus der Landeskirche ausgetretenen Gemeindemitglieder nunmehr bald wieder ihren Eintritt bewerkstelligen, wodurch die Angelegenheit zum endgültigen friedlichen Abschluss gebracht würde.

 Bommern: Mit Ausnahme des Katechumenen- und Konfirmandenunterrichts, der noch für die Gemeinde Bommern in Wengern stattfindet, sind der neu gegründeten Kirchengemeinde unseres Ortes nunmehr sämtliche kirchlichen Rechte eingeräumt. Vonseiten des Kirchenvorstandes ist jetzt eine Eingabe an das Konsistorium in Münster gerichtet worden, in der um Freigabe dieses Unterrichts gebeten wurde. Man gibt sich der Hoffnung hin, dass an geeigneter Stelle diesem berechtigten Wunsche entsprochen wird, wodurch dann der Kirchenstreit, welcher sich zwei Jahre lang hingezogen hat, vollständig beigelegt wäre.

 Mit Genehmigung des evangelischen Oberkirchenrats und des Herrn Ministers der geistlichen Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten wird der politische Gemeindebezirk Bommern aus der evangelischen Parochie Wengern, Kreissynode Hattingen, ausgeschie-den mit Ausnahme des Kottens zu Oberste-Ratelbeck. Die Evangelischen der politischen Gemeinde Bommern werden zu einer selbständigen Pfarrgemeinde Bommern vereinigt. Die vorstehend verfügte Organisationsveränderung tritt an dem von dem unterzeichneten Konsistorium zu bestimmenden Tage ins Leben. An diesem Tage zahlt die Kirchen-gemeinde Wengern an die von dem Konsistorium zu bezeichnende Vertretung der Kirchengemeinde Bommern diejenige Summe mit Zinsen und Zinseszinsen aus, welche von den Mitgliedern der politischen Gemeinde Bommern zu dem Kirchenneubaufonds der Kirchengemeinde Wengern eingezahlt sind. Jedoch sind von dieser Summe die durch die Verwaltung des Fonds der Kirchengemeinde Wengern entstandenen Unkosten abzuzie-hen. Das Lutherhaus zu Bommern wird gemeinschaftliches Eigenturn der bezeichneten Kirchengemeinden. Der Pfarrer zu Bommern führt den Vorsitz im Kuratorium, welches außerdem aus 6 Mitgliedern besteht, die von den beiden Kirchengemeinden je zur Hälfte bestimmt werden.

Unterschrieben und gesiegelt durch das Königliche Konsistorium der Provinz Westfalen und die Königliche Regierung in Arnsberg, Abteilung für Kirchen und Schulwesen.

 
Das ehemalige Pfarrhaus
 
 

Kooperationsraum Bo-He-We

Weil die Mitgliederzahl leider sinkt und aus diesem Grund Pfarrstellen abgebaut bzw. nicht neu besetzt wurden, bilden die ev. Gemeinden Bommern, Herbede und Wengern einen Kooperationsraum, um sich gegenseitig zu unterstützen. 2015 zählten die drei Gemeinden zusammen noch rund 13.200 Seelen. Laut Prognose sollen es 2025 rund 2000 weniger sein. Das ergäbe nach dem neuen Schlüssel dann nur noch 3,8 Pfarrstellen – für einen Großsprengel, in dem früher einmal sechs bis sieben Volltheologen gearbeitet haben. Kooperations-Gespräche – eine richtige AG – auf Ebene der Pfarrer und Vertreter der drei Presbyterien gibt es seit 2014. Auch die drei Gemeindepädagogen / Jugendreferenten sind mit im Boot.

 
 
 

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