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Vom Stahlwerk zum Wohn- und Freizeitparadies:
Der Phoenix-See in Dortmund-Hörde

Die Idee klang ziemlich kühn: Mitten im Ruhrgebiet ein Stahlwerk abzureißen und stattdessen einen See mit Segelhafen, Büros, Wohnhäusern und einer "Kulturinsel" anzulegen, hielten viele Bürger mindestens für undurchführbar. Heute ist der Phoenix-See bereits gefüllt, ein rund 24 Hektar großer See, auf dem ca. 99 Hektar großem Gelände der ehemaligen Hermannshütte in Dortmund-Hörde. An seinen Ufern entstanden hochwertige Wohneinheiten, Gebäude für Gewerbe und Büros, ein Yachthafen, eine Seebühne, Vergnügungsinseln, eine Promenade und Gastronomie. 3 Millionen Kubikmeter Boden wurden für den 3 Meter tiefen See ausgebaggert. Zehn Jahre nach den ersten Planungen fiel der offizielle Startschuss für die Flutung am 1. Oktober 2010.

Mehr als 160 Jahre wird das Gelände von einem Stahlwerk beherrscht. 2001 wird es geschlossen, 2005 wird der erste Spatenstich gefeiert, vier Jahre lang wird anschließend gebaggert: Die alten Anlagen und ihre massiven Fundamente müssen ausgegraben werden, alte Bergwerksstollen werden verfüllt. Mehr als 2,5 Millionen Kubikmeter Boden bewegen die Bagger: sie legen Terrassen an, auf denen ab 2011 die ersten Häuser entstehen. Im Westen entsteht der Hafen, ein bisschen weiter die "Kulturinsel", die über eine Brücke mit dem Ufer verbunden wird und Platz für Konzerte oder Theateraufführungen bieten soll. Im Osten geht es ruhiger zu: Zwischen den beiden Wohngebieten entsteht eine Grünanlage mit einem großen Hügel. 67 Millionen Euro werden die Dortmunder Stadtwerke (DSW21) für das ganze Projekt aufwenden. Einen ersten Eindruck erhält man über den Nutzungsplan und die Infotafeln zu den verschiedenen Bereichen.

Zu Beginn der See-Befüllung wurden die Pumpen abgestellt, die das Grundwasser niedrig hielten. In einem Jahr liefen dann ca. 600 000 Kubikmeter Grund- und Frischwasser in den See. Nicht nur der See bestimmt das Areal, sondern auch ein Fluss: die Emscher. Mehr als 160 Jahre lang musste sie als Abwasserfluss durch einen Kanal hindurch. Jetzt darf sie sich - frei von Abwässern - am See entlang durch neue Auen schlängeln, durch eine Seepromenade vom Phoenix See getrennt.

Am 09. Mai 2011 wurde der Phoenix-See in Dortmund offiziell eröffnet: Nach 10 Jahren Planung und Bauzeit wurden 3.000 Meter Bauzäune abgebaut und das Areal den Dortmunder Bürgern übergeben. 3,2 Kilometer Rad- und Fußwege verlaufen um den See. Von dem 38 Meter hohem Hügel am See kann man das gesamte Gelände überblicken. Der Höchststand des Wasserpegels ist erreicht.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Auch wenn der Phoenixsee keine typischen Vorstellungen eines Sees erfüllen mag (man darf dort nicht baden, er liegt mitten in der Stadt und die Menge an umliegender Botanik hält sich auch in Grenzen), ist er doch ein exzellentes Beispiel dafür, wie sich das Ruhrgebiet von seinem industriellen Erbe löst. Bestes Beispiel dafür ist die Thomas-Birne, die an vorderster Front der Seearchitektur als Denkmal an die Vergangenheit des Ortes erinnert. Und mit dem Wissen um diesen Hintergrund ist der Phoenixsee auch für Auswärtige unbedingt einen Ausflug wert. Wer länger Zeit hat, verbindet den Besuch mit einem Spaziergang zu Phoenix West und beschließt den Tag im Westfalenpark. Oder auch umgekehrt. Zum Sonnenuntergang ist der Phoenixsee einer der beliebtesten Orte in Dortmund.

Der Hörder Heimatverein rettete die "Thomasbirne" vor der Verschrottung, denn sie hat eine ganz besondere Geschichte: Der Brite Gilchrist Thomas erfand 1876 ein besonderes Veredelungsverfahren für Roheisen. Dieses Weltpatent verkaufte er ausgerechnet an die Hörder Hütte. Seitdem heißt der Behälter "Thomasbirne". 1879 gab es in Hörde die erste Thomaschmelze des Kontinents. Er wiegt 68 Tonnen, ist sieben Meter hoch und hat etwa einen Durchmesser von 4 Meter. Bis 1964 war sie in Betrieb. Kluge Köpfe beschlossen damals, sie der Nachwelt zu erhalten und setzten sie vor die Giebelwand des neuen Oxygen-Stahlwerks. Als die Stilllegung nahte, wollte das Museum in Oberhausen den Behälter übernehmen. Auch die GWS war interessiert. Der Heimatverein konnte dies erfolgreich verhindern.

Der erste Umsetzungsversuch im Oktober 2001 scheiterte, weil sich die Stützen nicht lösen ließen. Auch beim zweiten Anlauf am 9. November 2001 mit drei Kränen und einem Tieflader gab es Probleme. Wegen falscher Verladung riss der Konverter die Schranke am Burgtor ab. Der Tieflader walzte den Zaun nieder und dann sackte das Fahrzeug auch noch bis auf die Achse in den Boden. Erst am späten Abend konnte die Thomasbirne mit Mühe und Not auf dem Parkplatz aufgestellt werden. Die Aktion kostete den Heimatverein eine Menge Geld und bescherte dem damaligen Vorstand etliche graue Haare. Im Mai 2002 wurde das Industriedenkmal der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Jahr später rettete der Heimatverein auch den Ständer des Konverters vor der Verschrottung. 2008 legte die Stadt Pläne vor, nach denen der Konverter mitten im See auf einer nicht begehbaren Insel aufgestellt werden sollte. Der Vereinsvorstand protestierte, konnte nach hitzigen Debatten seine Wunschstandorte – entweder vor der Burg oder am Nordufer des Sees – nicht durchsetzen. Die Mitglieder beschlossen daraufhin einstimmig, den Alternativstandort auf der Kulturinsel anzunehmen.

 
Der Thomas-Konverter der Hörder Kesselschmiede war bis 1964 im Stahlwerk Phoenix-Ost im Einsatz. Heute steht die 7 Meter hohe und 64 t schwere Thomas Birne als Denkmal auf der Insel im Phoenix-See.
 

Das Thomas-Verfahren oder vollständig Thomas-Gilchrist-Verfahren bezeichnet ein Verfahren zur Stahl-Erzeugung und wurde nach den britischen Metallurgen Sidney Thomas (1850–1885) und Percy Carlyle Gilchrist (1851–1935) benannt. Der so erstellte Stahl wird als Thomasstahl. Das Thomas-Verfahren (auch basisches Windfrischverfahren genannt) ist ein so genanntes Blas- oder Windfrischverfahren, bei dem durch Bodendüsen des Konverters, der Thomas-Birne, Luft in das flüssige Roheisen geblasen wird. Der Oxidationsprozess, der den Kohlenstoffanteil senkt (das Frischen), lieferte in diesem Verfahren genug Wärme, um den Stahl flüssig zu halten, eine externe Wärmezufuhr war in den Konvertern deshalb nicht notwendig. Die Thomas-Birne war mit einer basisch wirkenden Dolomitstein- oder Dolomit-Teer-Mischung ausgemauert und eignete sich vor allem für das Verarbeiten phosphorreichen Eisens. Der zu Phosphorpentoxid oxidierte Phosphor wurde mit dem als Zuschlag beigefügten Kalkstein verschlackt (Thomasschlacke) und kam fein gemahlen unter der Bezeichnung Thomasmehl als Phosphatdünger in den Handel. Thomasstahl diente der Fertigung von Schienen, Profileisen und Blechen. Fast alle Stahlkonstruktionen der 1950er- bis 1970er-Jahre sind aus diesem Stahl gebaut.

 
 

Hörder Burg

Die Hörder Burg im heutigen Dortmunder Stadtteil Hörde wurde im 12. Jahrhundert in unmittelbarer Nähe der Emscher als Wasserburg erbaut. Sie ist Stammsitz der Adelsfamilie Hörde. Das im 15. Jahrhundert gebildete Amt Hörde und der Sitz des Eichlinghofer Gerichts bekommen ihren Sitz auf der Hörder Burg. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Hörder Burg erst von spanischen und dann von brandenburgischen und später von den Truppen des Wolfgang Wilhelm (Pfalz-Neuburg) besetzt. Sie alle wurden jedoch vertrieben. Doch bei der Besetzung der Burg durch französische Truppen im Jahr 1673 brach in der Burg ein Brand aus, der die Burg teilweise, die Burgkapelle und 38 Häuser in Hörde zerstörte. Später wurde die Burg auf den alten Grundmauern wieder errichtet. Im Jahr 2000 konnte bei Arbeiten das alte Mauerwerk des Burgturms freigelegt werden. Im Jahre 1840 erwarb der Iserlohner Fabrikant Hermann Diedrich Piepenstock die Hörder Burg. Auf dem Gelände richtete er ein Puddel- und Walzwerk ein. Die nach ihm benannte Hermannshütte wurde 1852 unter dem Namen Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein zur ersten Aktiengesellschaft im Hüttenwesen des Ruhrgebietes. Der Hörder Bergwerks- und Hüttenverein fusionierte später mit der Hoesch AG. Eine Vorburg wurde in den Jahren 1920-1922 im Stil des Historismus errichtet und diente als Verwaltungsgebäude des Stahlwerks. Nach dem Niedergang der Stahlindustrie auf Phoenix-Ost und der Demontage des Stahlwerks begann im Juni 2008 eine umfassende Sanierung der Burg. In diesem Zusammenhang fanden vor der Burg archäologische Grabungen statt. Auf dem Burgturm wurde eine neue hölzerne Turmspitze errichtet. In unmittelbarer Nähe der Hörder Burg entstand der Phoenix-See, der am 1. Oktober 2010 im Rahmen eines großen Festes geflutet wurde.

 
 

Die neuesten Erkenntnisse zur Hörder Burg konnte man sammeln, als im Laufe der Ausschachtungen des Phönixsees auf dem Gelände der ehemaligen Hermannshütte umfangreichen Ausgrabungen vorgenommen wurden. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Burg in ihrem ursprünglichen Zustand wohl eine Turmhügelburg, eine sogenannte Motte gewesen sein musste. Motten sind sind die typischen kleinen Burgenformen des Mittelalters. Sie bestehen aus einem meist aufgeschüttetet Erdhügel, umgeben von einem Graben und einer Palisade. Oben auf dem Hügel wird ein meist hölzerner Turm errichtet. Funde weisen darauf hin, dass bereits kurz nach 1250 ein erster hölzerner Turm errichtet worden ist, der einige Jahrzehnte später von einem Steinturm abgelöst wurde. Im heutigen Burgturm finden sich in den unteren Etagen Überreste eines Steinturms aus dem 12.Jahrhundert. Ob es sich hierbei jedoch um den Motteturm handelt, ist achäologisch nicht nachgeweisen.

 
 

Bis dann alle Um- und Neubauten fertig sind, wird wohl noch ein wenig Zeit ins Land gehen..

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