Belgien, Namur, Cathédrale Saint-Aubain

Die Kathedrale von Namur mit dem Patrozinium Saint-Aubain (St. Alban) ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Namur in Namur (Belgien). Sie gilt als bedeutendes Beispiel spätbarocker Architektur und einzig in ihrer Art in Belgien. Im Jahr 1047 wurde das Kollegiatstift St. Alban in Namur gegründet. Nach der Errichtung des Bistums Namur 1559 wurde die Stiftskirche zur Kathedrale erhoben. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts galt sie als stilistisch veraltet. Die Überschwemmung des Jahres 1740 machte sie vollends baufällig. Bischof und Domkapitel beschlossen einen Neubau auf den Fundamenten der Stiftskirche und der benachbarten Pfarrkirche Saint-Jean-Évangeliste. Mit dem Architekturentwurf wurde Gaetano Pisoni beauftragt, der zu dieser Zeit in Brüssel wirkte. 1751 wurde der Grundstein gelegt. Die Arbeiten, insbesondere an der Kuppel, zogen sich jedoch hin und konnten erst 1767 abgeschlossen werden. Die feierliche Weihe erfolgte am 20. September 1772.

Ältester Teil der Kathedrale ist der freistehende Glockenturm im Westen (links im Bild), der von der Stiftskirche erhalten blieb.
Die mächtige Kuppel der Kathedrale St. Aubain ist mit einem Doppelkreuz geschmückt. Es erinnert daran, dass die Kirchengemeinde Fragmente des Kreuzes und der Dornenkrone Christi besitzt, die 1206 aus Konstantinopel hierher gebracht wurden. Das Glockenspiel von St. Aubain erklingt nur an Sonntagen

Die mittelalterlichen Untergeschosse wurden 1648 um ein frühbarockes Obergeschoss erhöht. Die Kirche selbst, im barock-klassizistischen (Louis-seize-) Stil gehalten, ist eine gewestete dreischiffige Basilika. Mit ihrem breiten Querhaus, dessen Arme apsidial schließen, und dem langen Chor sowie der mächtigen Tambour-Kuppel über der Vierung kommt sie einem Zentralbau nahe. Diese Wirkung wird durch die nachkonziliare Altarinsel in der Vierung verstärkt. Die übrige künstlerische Ausstattung – Kanzel, Altäre, Gemälde – sind weitgehend original. Die zweigeschossige, geschwungene Schaufassade an der Ostseite musste nach Verwitterungsschäden um 1900 vollständig erneuert werden.

Die hohe Kanzel auf der rechten Seite des Hauptschiffes wird von einem riesigen Schalldeckel überragt und zeigt filigrane Verzierungen.

 
 
 
 
 

In der "Chapelle de l'Immaculée" im linken Querschiff befindet sich mittig das Mausoleum des Bischofs Heylen, rechts davon die Grabstelle von Bischof Pisani de la Guade, von Dr. Parmentier im Jahr 1826 geschaffen, und links die Grablege des Joseph Deshesselle von Meister Charles Fraikin aus dem Jahr 1880 (unten).

 
Grablege des Joseph Deshesselle von Charles A. Fraikin
 
Signatur: C.A. Fraikin

Charles Auguste Fraikin (* 14. Juni 1817 in Herentals; † 22. November 1893 in Schaerbeek) war ein belgischer, neoklassischer Bildhauer. Im Alter von zwölf Jahren nahm Fraikin Zeichenunterricht in der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen. Als er dreizehn war, starb sein Vater und er wählte deshalb eine praktische Ausbildung, indem er Apotheker wurde. Fraikin arbeitete in der Apotheke des Schwagers von François-Joseph Navez, der Maler und Direktor der Brüsseler Akademie war. Dieser entdeckte sein Talent und bestärkte ihn, sich wiederholt der Kunst zu widmen und seine Kenntnisse zu vertiefen. Bereits bei seiner ersten Ausstellung, gewann Fraikin 1839 eine goldene Medaille für sein Bildnis L’amour captif. Marmorkopien dieses Werkes wurden später im Königlichen Museum der Schönen Künste und in der Hermitage ausgestellt. Anlässlich einer nationalen Ausstellung, die 1845 in Brüssel stattfand, wurde Fraikin vom belgischen Königshaus gefördert, was ihm neue Aufträge brachte. Beispielsweise schuf er ein Bildnis König Leopolds. Neben seiner Tätigkeit als Bildhauer war er auch Konservator der Abteilung Skulpturen im Königlichen Museum der Schönen Künste und empfing mehrere Auszeichnungen, so wurde er u. a. Ritter der Ehrenlegion. Fraikin schuf viele klassizistische, später auch romantische Werke. Sein bekanntestes ist der Brunnen der Grafen von Egmont und von Horne in Brüssel.

 
 

Den Chor beherrscht der Hauptaltar aus dem 18. Jahrhundert. Er stand ursprünglich in der Abtei "La Ramée" in Brabant. Hinter dem Hauptaltar ist eine Erinnerungstafel an Don Juan d'Austria angebracht. Der in Regensburg geborene Juan d'Austria war ein leiblicher Sohn Karls V. Er führt die Flotte der Heiligen Liga in die Schlacht von Lepanto und schlug die weit überlegenen Osmanen vernichtend. Danach diente Don Juan d'Austria dem spanischen König als Statthalter der Niederlande. Die immer stärker werdenden Generalstaaten der Niederlande zwangen ihn 1577 jedoch, Brüssel zu verlassen. Er zog nach Namur, eroberte mit einem Handstreich die Zitadelle und begann, ein Heer aufzustellen. Don Juan d'Austria verstarb am 1. Oktober 1578 im Feldlager Bouge bei Namur nach monatelangem Siechtum vermutlich an Typhus. Sein Leichnam wurde nach Madrid geschafft und in "El Escorial" beigesetzt. Sein Herz wurde in Namur bestattet und ruht in einem Behältnis hinter der Erinnerungstafel im Chor von St. Aubain. Der aus Marmor erschaffene Hauptaltar ist mit den Petrus- und Paulus-Statuen aus der Abtei Floreffe geschmückt, die große Christus-Figur über dem Altar stammt aus der Abtei Villers-la Ville.

 
 

Die Orgel geht zurück auf ein Instrument, das in den Jahren 1844 bis 1849 von dem Orgelbauer Wilhelm Korfmacher erbaut wurde. Erhalten ist bis heute das imposante Orgelgehäuse. Das Instrument hatte um die 50 Register auf drei Manualen und Pedal. Im Laufe der Jahre wurde das Orgelwerk mehrfach renoviert, und in den Jahren 1964–1968 umfassend umgebaut. Das Instrument hat heute 60 Register auf vier Manualen und Pedal.

 
 

Über dem von Ludwig XV. in Auftrag gegebenen Chorgestühl von 1766 hängen sehenswerte historische Gemälde der Rubens-Schüler Nicolaii de Dinan, Antoon van Dyck und Jacob Jordaens, darüber trägt eine kleine Empore die schmucke Chor-Orgel.

 
 
 

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