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St. Pauli-Kirche

St. Pauli ist eine gotische Hallenkirche. Die dreijochige Hallenkirche mit dem mächtigen Turm auf quadratischem Grundriss prägt das Stadtbild im südwestlichen Teil der Stadt. Sie gehört zur evangelischen St.-Petri-Pauli-Gemeinde, die mit etwa 8100 Gemeindemitgliedern die größte evangelische Kirchengemeinde in Soest ist und zum Kirchenkreis Soest-Arnsberg der Evangelischen Kirche von Westfalen gehört.

 
 

Erzbischof Philipp von Heinsberg beschloss gegen Ende des zwölften Jahrhunderts, die Stadt Soest auszubauen. Das Stadtgebiet wurde in vier Sektoren, sogenannte Hofen, geteilt. Jede Hofe sollte eine Kirche bekommen; St. Pauli wurde die Kirche der südlichen Hofe. Bis dahin war St. Petri, auch „Alde Kerke“ genannt, die einzige Stadtkirche gewesen. Eine St.-Pauli-Kirche wurde 1229 erstmals urkundlich in Soest erwähnt. Dabei handelte es sich vermutlich noch um eine romanische Vorgängerkirche. Um 1350 begann der Umbau zur jetzigen gotischen Kirche, der nach dem Ergebnis dendrochronologischer Untersuchungen im Dachstuhl bis 1405/06 dauerte. Das zweifach aufgeständerte Kehlbalkendach der Kirche zählt heute neben dem der Wiesenkirche zu den weitgehend erhaltenen gotischen Kirchendächern der Stadt Soest und ist von überregionaler Bedeutung. Die ältesten Teile der Kirche sind das Langhaus und der Turm; der Chor wurde etwa 100 Jahre später als letzter Teil angefügt.

 

Eine große Rolle in der Soester Stadtgeschichte spielte St. Pauli während der Reformationszeit. Eine erste reformatorische Predigt hielt 1530 der humanistisch gebildete Vizekurat Johann Kelberg, der zuvor Pater im Soester Dominikanerkloster gewesen war. Er stellte sich offen auf die Seite der Reformation und wurde der erste lutherische Pfarrer in Soest. Während des katholischen Interims bestellte der katholische Pfarrer den Kaplan Hartlieb Sennekamp. Dieser predigte schon nach kurzer Zeit unkatholisch und sollte aus dem Amt entfernt werden. Der Rat der Stadt bestärkte den Kaplan; jedoch musste Sennekamp entlassen werden, da der Kaiser intervenierte. Trotzdem kehrten die Bürger nach und nach zum evangelischen Glauben zurück. Nach dem katholischen Interim wurde St. Pauli 1552 als erste Kirche wieder evangelisch. Walther von Stollwyck bekam die Erlaubnis, dort das Abendmahl „in beiderlei Gestalt“ zu feiern.

 

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Kirche von Zerstörungen weitgehend verschont; bis 1950 wurde sie renoviert. Von 1948 bis 1960 war sie gemeinsame Gottesdienststätte für die St.-Pauli- und die St.-Thomä-Gemeinde. Da die St.-Pauli-Gemeinde in den 1960er Jahren kleiner wurde, vereinigte sie sich 1972 mit der St.-Petri-Gemeinde zur „St.-Petri-Pauli-Gemeinde“. Die Kirche wurde kurz darauf wegen Baufälligkeit geschlossen. Von 1980 bis 1995 wurde sie umfassend restauriert und anschließend wiedereröffnet. Die Kirche wird für Gottesdienste, Amtshandlungen und Konzerte genutzt.

 
Grundriss
 
 
 

Altar

 
Die ältesten Teile sind Langhaus und Turm; der Chor wurde als letztes angefügt. Der Chor ist besonders hell und lichtdurchflutet mit seinen grossen Bleiglasfenstern.
 

Das Buntglasfenster des südlichen Vorchores stammt aus der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Dargestellt sind verschiedene Heilige. Das Fenster überstand den Zweiten Weltkrieg, da es ausgelagert wurde. Wohl im 20. Jahrhundert wurden mehrere Fenster des Chores zum heutigen Fenster zusammengesetzt. Dabei wurden einige Heiligenfiguren falsch zusammengefügt. Möglicherweise entstammten die Glasmaler der gleichen Malschule wie jene des Westfensters des Altenberger Domes.

 

Die Dächer des Langhauses und des Turmes waren seit längerer Zeit sanierungsbedürftig. Da 2004 Schieferplatten vom Turm herabfielen, musste eine Notsicherung mit einem Netz vorgenommen werden. In den Jahren 2017 und 2018 wurde das Dachwerk beider Dächer schließlich statisch ertüchtigt und instand gesetzt. Zudem wurden das Langhaus mit Naturschiefer in altdeutscher Deckung und der Turmhelm vollständig in Blei neu eingedeckt und somit der ursprüngliche Bauzustand wiederhergestellt.

 
 
Die Altartafel aus der Schule des Conrad von Soests stammt aus der Zeit um 1430. Die Antependien (Altar- und Kanzeltücher) wurden in den 1940er und 1970er Jahren nach Entwürfen des Stadt-archivars und Presbyters Deus gefertigt

Die Orgel der Paulikirche

Die Orgel der Paulikirche wurde 1895 von Walcker (Ludwigsburg) in dem historischen barocken Orgegehäuse der Vorgängerorgel von 1675 (Peter Henrich Varenholt, Andreas Schneider) erbaut. Das pneumatische Instrument hat 28 Register auf zwei Manualen und Pedal. Eine Besonderheit ist die durchschlagende Clarinette 8′ im Schwellwerk. Die Orgel wurde zuletzt in den Jahren 1992–1994 durch die Orgelbaufirma Hermann Eule (Bautzen) umfassend restauriert, wobei das Pfeifenmaterial z. T. rekonstruiert wurde. Die Orgel besitzt einen freistehenden Spieltisch, welcher bei der Restaurierung mittig vor die Orgel mit Blick zum Altar (Osten) platziert wurde (dieser stand vorher am nördlichen Ende der Empore mit Blick nach Süden, also um 90° gedreht). Die Manubrien der Registerzüge befinden sich, farblich unterschiedlich, in drei Reihen neben den Manualen, darüber je ein kleiner Knopf für die freie Kombination. Die Druckknöpfe für die Spielhilfen sind unterhalb des ersten Manuals angebracht, über dem zweiten Manual die gerade Skala für den Crescendoanzeiger. Die Normalkoppeln und Tutti sind auch als Tritte über dem Pedal vorhanden.

 Die Priechen* (Holzemporen für die Adeligen und Patrizier) aus dem 16. Jh. im Westteil neben der Orgel.

Mit dem Ausdruck Prieche (ursprünglich gleichbedeutend mit Empore) wird in Norddeutschland der vom allgemeinen Kirchengestühl abgesonderte Sitzplatz der höheren Stände einer Kirchengemeinde bezeichnet. Heute werden die einst als Amtsstuhl und Betstube unterschiedenen Sitzplätze gemeinsam Prieche genannt. Priechen sind in der protestantischen Kirchenbautradition verbreitet. Gemäß der Ständeordnung waren für deren Repräsentanten entsprechende Kirchenplätze vorgesehen. In den städtischen Kirchen kamen Vertretern der Administration, des Militärs, des akademischen Lebens, Handwerksinnungen, bis zum gemeinen Volk jeweils eigene Plätze zu. Ebenso auf dem Lande, wo zwischen Kirchvätern, Erwachsenen und der Jugend getrennt wurde. Grundsätzlich unterschied man zwischen Frauen- und Männerplätzen. Die Finanzierung und Unterhaltung der Prieche oblag ihrem Inhaber.

Gedenk-Pieta

Die Pietà in der Paulikirche.
Ein Kriegerehrenmal des Bildhauers Walter von Ruckteschell für die toten des 1. Weltkrieges.

Tabernakel

Gotischer Tabernakel (Sakramentshäuschen) im Chorraum.

Die Namensgeber der Kirche: Paulus und Petrus.

Eine von zwei gotische Holztruhen in Sekundärverwendung als Opferstöcke.

Kanzel

 
 

Die Renaissancekanzel aus der Zeit um 1580. An der Unterkante der Kanzel die freigelegten Originalfarben.

Wandmalereien

Die freigelegten gotischen Wandmalereien werden ebenfalls der Schule des Conrad von Soest zugeordnet.

Epitaph zur Erinnerung an Thomas Schwartz

Epitaph zur Erinnerung an den ehrwürdigen Mann Gottes Thomas Schwartz, den unermüdlichen Pastor dieser Kirche, der am Tage vor den lden des August (12. August) im Jahre des Herrn 1580  fromm in Christus gestorben ist.

 

Sieh, das ist des Herrn Thomas Schwartz sehr trauriges Grab, sanft ruhen in diesem Boden die Gebeine nach ihrer Bestattung, der Geist ist, begleitet von den himmlischen Heiligen, zu den luftigen Gefilden zurückgekehrt und erfreut sich der Güter. Aber wie er von nicht unbekannten Vorfahren abstammte, so kam auch er selbst ihnen durchaus an Tugend gleich. Denn sein Vater, der denselben Namen trug wie der Sohn, war Bürger dieser Stadt und Angehöriger des Rates. Unter den ehrbaren Frauen war die Mutter mit Namen Walburgis ein leuchtendes Beispiel für eine liebliche Gattin. So ertrug er auch in kraftlosem Geiste, was zu ertragen war. Wie der Vater charakterfest und im Herzen klug war, so wie die Mutter von Jugend auf einen unverdorbenen Charakter besaß, so bewahrte sie auch keusch den Bund der Ehe. Die richtigen Lehrsätze billigte der Vater mit reinem Herzen, die falschen Lehrsätze verwarf dagegen der Vater. Die wahren Lehrsätze bekannte frommen Herzens die Mutter, sie verwarf dagegen die nichtigen Hirngespinste des Papstes. Denn wie der Vater pflegt der Sohn zu sein. Dieser erlernte hier in Soest mit großer Anstrengung die Kunst eines Pastors (vermutlich Rhetorik) und die übrigen Künste (Grammatik, Dialektik, Geometrie, Musik, Astronomie), soweit es die damaligen Zeiten zuließen. Der Sohn folgt diesen Eltern verdienstvoll mit Tugend.

 

Eine reichhaltigere Geistesbildung suchte er mit Hilfe der Künste (s.o.), während er darauf in der Fremde gelehrte Männer aufsuchte. So trug er Sorge, dadurch dass er häufig Braunschweig, das glänzende Haus deines Lyzeums besuchte, vieles zu lernen. So bereiste er das Meer, das die baltischen Schiffe durchfahren. Sobald man ihn die klaren Einsichten der sehr gelehrten Schule gelehrt hatte, nahm jener sich der heiligen Themen (Theologie) mit höchster Liebe an und las er mit Emsigkeit die heiligen Bücher. So begann er, als er auf diese Weise hinreichend unterwiesen worden war und es den Gelehrten gefiel, dein Wort, Christus, zu lehren. Doch von drei gelehrten Doktoren wurde er zuvor geprüft, die zu gewichtigen Zeugen seiner Gelehrsamkeit und seines Glaubens wurden. Mit wie großer Sorgfalt er immer diese Aufgabe versah und mit wie großem Eifer, vermag niemand zu sagen. O, wie oft hat er die rasende Menge mit seiner Stimme gebändigt! O, wie oft hat er die reißenden Wölfe mit seinem Munde vertrieben! Weil er mit starkem Herzen die vernünftige Lehre bekannte, war er allen Häretikern ein erbitterter Feind. Dass er ein in vielem ausgezeichneter und gläubiger Pastor war, dafür war die teure Vaterstadt ein hinreichend zuverlässiger Zeuge. Er starb in seinem 53. Lebensjahr. Johannes Kirchmann hat dieses geschaffen.

 

Übersetzung Boris Krüger 

Epitaph des Lubertus Florinus

Zur Erinnerung an den ehrwürdigen, weisen, äußerst bedeutenden und gebildeten Mann, Herrn Lehrer Lubertus Florinus. Einst Rektor der bekanntesten Schulen Westfalens, nämlich in Wesel, Soest, Lemgo und außerdem in Antwerpen, ein Lehrer, der sich sowohl im öffentlichen Leben besonders um die Studien von theologischen Schriftwerken als auch im privaten Leben um sich und viele andere verdient gemacht hat, hat Johannes Olearius aus Wesel; Doktor der heiligsten Theologie, dieses Denkmal und Mahnmal zur Trauer aufgestellt.

Hier bedeckt die Erde den Leib des Florinus. Seufzt nun Klagelieder, ihr jungen Musendiener. Eine nützlich allumfassende Tüchtigkeit zum Leben verkündete er Kindern/Jungen. Am meisten mehrte er den Christus liebenden Schulen den Ruhm. Lemgo war seine Vaterstadt, das heilige Wittenberg traf ihn als bewundernswerten/gottbegeisterten Hörer der Lehre Luthers. Dann unterrichtete er Friesen und die Kinder seiner Heimatstadt und die Jugend der Stadt Soest. Danach zierte er durch seine Wissenschaft das Lyzeum von Wesel. Viele Jahre mühte er sich ab, viel Gutes vollbrachte er, des halb soll mir Florinus unter den ersten sterblichen Museen genannt werden und als letzter - und nicht als mittelmäßiger. Unter diesem Stein liegen die sterblichen Überreste des gelehrten Greises Lubertus Florinus. Weinet und trauert ihr berühmten Schulen. Lemgo hat diesen Mann geboren, Wittenberg hat ihn mit Luther als Lehrer erzogen und er selbst unterrichtete bald die Heimat und die Friesen. Dann hatte ihn die Soester Schule, dann hatte diesen die Weseler Schule als getreuen Vorsteher über mehrere Jahre inne. Nach diesen verehrten mehrere belgische Städte, darunter auch Antwerpen, die von vielen gelehrten Männern bewohnt waren, diesen Mann. 

Sie verehrten diesen Mann, unter dessen Anleitung die vortreffliche Jugend an Charaktereigenschaften und Frömmigkeit vermehrt werden sollte. Als er emeritiert und 70 Jahre alt war, gab er sich dir, Christus, mit seinem letzten Gebet hin. Das Westfälische Erdreich beherbergt den Körper, der gute Ruf fliegt ewig über die Erde, der Geist des Verdienten ist bei den Sternen. Die Grazien und die Musen befahlen, dass dieses Epitaph dem Lehrer gegeben wird, die anmutige Camoena gab den Schülern dieses Epitaph- zur Erinnerung an die alte Zeit. Bleibt noch, dass du frommer Leser erkennst: Hier wird kein Ruhm erworben. Es drängt sich jedoch gerechte Liebe auf.

 

Er ist friedlich im Glauben an Christus am 21. Oktober des Jahres 1589 entschlafen.

 

Taufstein

Gotischer Taufstein aus dem 14. Jh.
 
 

Grabplatten im Vorraum

 
Im Turmeingang wuchtige Säulen, niedrige Gewölbe und alte Grabplatten
 

Grabplatten im Chorraum

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