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Langlütjen

Langlütjen (früher: Langlütjensand) ist der Name der beiden im 19. Jahrhundert künstlich angelegten Watt-Inseln Langlütjen I und Langlütjen II in der Wesermündung. Die Inseln liegen auf dem Gebiet der Gemarkung Blexen in der niedersächsischen Stadt Nordenham an der Unterweser. Auf ihnen stehen Reste von zunächst preußischen und später kaiserlichen Marine-Forts, deren Aufgabe der Schutz der Bremer Häfen war. 1933 war Langlütjen II für einige Zeit ein "Schutzhaftlager" der SA.

Die beiden Inseln mit 16.000 und 17.000 m² Fläche liegen 2 km voneinander entfernt im Wattgebiet Langlütjensand nahe der Wesermündung, das bei Niedrigwasser trocken fällt. Etwa 1 km östlich von ihnen verläuft die Fahrrinne der Weser. Erreichbar sind die Eilande bei Niedrigwasser zu Fuß durch das Watt und bei Hochwasser mit dem Boot. Nach Langlütjen I führt vom Festland ein Damm. Die Inseln befinden sich in Höhe des Nordenhamer Ortsteils Blexen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Innerhalb des Nationalparks gehört Langlütjen I zur Schutzzone I (Ruhezone), Langlütjen II zur Schutzzone II.

Die beiden Inselfestungen entstanden nach Plänen des königlichen Ingenieurkomitees Berlin. Die Bauweise lehnt sich an den belgischen Festungsbau und an französische Inselforts des 17. Jahrhunderts im Stil des Militärbaumeisters Vauban an. Die Errichtung der künstlichen Inseln bereitete im 19. Jahrhundert erhebliche Schwierigkeiten. Die Baustellen mit ihrer zeitweiligen Lage im Wasser waren den Kräften der See ausgesetzt. Die Bauwerke mussten fest gegründet sein, denn sie trugen später schwere Befestigungsanlagen und Geschütze. Außerdem sollten sie feindlichem Artilleriebeschuss standhalten.

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts dienten die künstlich aufgeschütteten Eilande als Küstenforts zur Sicherung gegen Angriffe von See. Sie bildeten mit den nicht mehr existenten Weserforts Brinkamahof I und II vor Bremerhaven ein Festungsviereck. Dass zu jener Zeit Küstenbefestigungen notwendig waren, zeigte sich während des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864, als die überlegene dänische Flotte die deutsche Nordseeküste bedrohte und den Handel zum Erliegen brachte.

Langlütjen 1 mit Radarturm Tettens und Damm zum Festland

▲ Langlütjen I

Auf der ehemaligen Sanddüne Langlütjensand entstand 1869/1870 eine künstliche Insel, die mit Erdwällen zu einem befestigten Küstenfort ausgebaut wurde. Von den Bauarbeiten sind nur zu Langlütjen I Überlieferungen vorhanden, die gleichermaßen für Langlütjen II gültig sein dürften. Die Kosten für Langlütjen I wurden vor Baubeginn auf 300.000 Taler geschätzt, die tatsächliche Höhe ist nicht bekannt. An dem Werk arbeiteten rund 300 Mann gleichzeitig. Die Herbeischaffung aller Baumaterialien für die 1869 begonnenen Arbeiten erfolgte per Schiff. Ab 1870 diente dazu der noch heute bestehende, 1,6 km lange Damm zum Festland, auf dem eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 837 mm verkehrte. Während des Niedrigwassers war der Bauplatz bei ruhiger Witterung rund fünf Stunden, bei unruhiger See lediglich zwei Stunden frei von Wasser. Die Arbeiten konnten nur von März bis Dezember durchgeführt werden. In den Untergrund rammte man 112.000 Eichenholzpfähle. In den Fundamenten stecken 300.000 Bund Buschwerk, 2.700 m³ Backsteinschutt und 1.900 m³ Sandsteinquader aus Steinbrüchen bei Hameln und Springe. Nach der Fertigstellung erhielt das Fort neun 21-cm-Geschütze in Panzertürmen und wurde bis zum Ende des Ersten Weltkrieges genutzt, war jedoch nie in Kampfhandlungen verwickelt. Nach Kriegsende fand eine Demilitarisierung statt und die Bewaffnung wurde von den Siegermächten entfernt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Bewaffnung auf Flak-Stellungen mit 10,5-cm-Geschützen in neu errichteten, betonierten Geschützständen umgestellt. Die Anlagen wurden nach dem Krieg gesprengt. Die Trümmerreste wurden in den 1970er Jahren aus Gründen des Küstenschutzes mit Sand überspült. Es ragen jedoch noch immer Trümmerreste aus dem Sand.

Neben dem zum Festland führenden Damm wurde in Inselnähe 1983 ein Radarturm für die Weserschifffahrt errichtet. Die Allerheiligenflut 2006 zog das Nordufer der Insel stark in Mitleidenschaft. Das Betonufer wurde unterspült und die Platten übereinander geschoben. An der Erdaufschüttung entstanden Steiluferbereiche. Seit etwa 1970 verschlechtert sich der Zustand der steinernen Uferbefestigungen stärker als in den 100 Jahren davor. Das Betreten der Insel ist verboten.

Langlütjen II Festungsbauwerk

Langlütjen II

Nordwestlich von Langlütjen I wurde 1872–1876 die Insel Langlütjen II künstlich mit Sand aufgeschüttet. Die Insel ist ohne Verbindung zum Festland und nur mit dem Boot oder bei Niedrigwasser zu Fuß zu erreichen. Sie hat eine ovale Form mit einer Länge von etwa 200 m und einer Höhe von 10 m ü. NN. Darauf wurde ein Fort als rechteckiger Kasemattenbau aus Ziegelmauerwerk mit abgerundeten Ecken errichtet. Die Kasematten haben gewölbte Decken und sind beschusssicher ausgebaut. Das Fort wird von einem 8 m tiefen Graben geschützt. Es konnte 1880 in Betrieb genommen werden und war für 100 Mann Besatzung vorgesehen, die hier bis zu vier Monate autark leben konnten. Die Bewaffnung im Ersten Weltkrieg bestand aus fünf drehbaren Panzertürmen mit 28-cm-Kanonen sowie zwei separaten 15-cm-Geschützen. Obwohl der Feind erwartet wurde, kam es zu keinerlei Kampfhandlungen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die militärischen Installationen des Forts von den Siegermächten demontiert. Im Zweiten Weltkrieg trug die Befestigungsanlage 2-cm-Flugabwehrgeschütze und Suchscheinwerfer.

 

„Schutzhaftlager“ (provisorisches KZ)

In der Festungsanlage von Langlütjen II befand sich vom 9. September 1933 bis zum 25. Januar 1934 ein „Schutzhaftlager“ der SA. Es wurde auf Veranlassung der Bremer Gestapo eingerichtet, um politische Gefangene aus dem bremischen KZ Mißler aufzunehmen. Neben dem SA-Wachpersonal sollen bis zu 100 Gefangene untergebracht worden sein, denen der tiefe Wallgraben als Gefängnishof diente. Die Schreie von gefolterten Gefangenen seien meilenweit zu hören gewesen. Bei Annäherung an die Insel wurden unangemeldete Besucher ohne Vorwarnung beschossen. In der Bevölkerung wurde die Insel bald auch „Teufelsinsel“ oder „KZ unter dem Meer“ genannt. Aus Kostengründen und wegen der umständlichen Versorgung wurde die Gefangenenunterbringung nach fünf Monaten wieder eingestellt.

 

Die Insel ist in einem schlechten baulichen Zustand. Seit etwa 1970 verschlechterte sich der Zustand der Festungswerke und auch der steinernen Uferbefestigungen stark. Das Betreten der Insel ist verboten. Im Rahmen von Stadtrundgängen und Wattwanderungen des Nordenhamer Marketing- und Touristikvereins kann Langlütjen II mit einem sachkundigen Führer besichtigt werden.

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